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Das ist unser Projekt "AusbildungsFit"

Kathrin Ofner ist Teil der dreiköpfigen Leitung des Projekts AusbildungsFit (AFit) bei INTEGRA. Sie gibt uns Einbllick in dieses erfolgreiche Projekt für junge Menschen.

Was macht das Projekt „AusbildungsFit“ aus deiner Sicht so besonders?

Kathrin: Wenn Jugendliche mit der Schule fertig sind, fehlen ihnen oft die Orientierung und die nötige Reife. Trotzdem erwarten wir von ihnen, Entscheidungen zu treffen, die ihr gesamtes Leben beeinflussen - obwohl ihnen die nötigen Informationen für eine sinnvolle Entscheidung fehlen.

An diesem Punkt sind sie oft „schulmüde“ und wissen nicht, wo es beruflich hingehen soll. Trotzdem sollten sie weitere drei Jahre in die Berufsschule. Oft sind sie dafür noch nicht bereit. Sie haben in diesem Alter oft mit anderen Themen zu kämpfen, als sich auf den beruflichen Werdegang vorzubereiten. 

Das tolle an AFit ist, dass sie durch das Projekt ein Orientierungsjahr dazugewinnen. In dieser Zeit können sie sich in Ruhe ausprobieren: Was ist der richtige Job für mich? Welche Themen bedürfen einer erhöhten Aufmerksamkeit? Viele haben zum Beispiel Probleme mit der Konzentration oder dem Fokus auf ihre Aufgaben. Auch Zuverlässigkeit ist immer wieder ein Thema.

Durch das Coaching erfahren sie eine wertvolle Unterstützung. Sie lernen, Regeln und Strukturen, Termine und Vereinbarungen einzuhalten. Das sind Reifeprozesse, die es für junge Leute oft noch braucht, bevor sie sich auf eine weitere Ausbildung konzentrieren können.

Zusammengefasst lernen sie bei uns also die notwendigen Soft Skills für ihre Persönlichkeitsbildung und haben gleichzeitig die Möglichkeit zur Nachreifung, die sie während der Schulzeit und durch andere Herausforderungen wie Pubertät, Peer Groups und ähnliches bisher nicht hatten.

Aus meiner Sicht sollten alle Jugendlichen nach der Schule diese Möglichkeit bekommen. Ein Jahr der Orientierung und des Abstands, um ihren eigenen Weg finden zu können. 

Du siehst AFit also als Möglichkeit zur Orientierung?

Kathrin: Ich sehe AFit als perfektes Orientierungsjahr für Jugendliche. Oft haben sie nach der Schule keine Ahnung, in welche Richtung sie gehen sollen. Auch wenn sie einen Kompetenz-Check gemacht haben, der ihnen etwas über ihre Stärken und Schwächen erzählt und ihnen entsprechende Jobs vorschlägt, hatten sie doch noch keine Möglichkeit, diese Alternativen durch Schnuppern auszuprobieren und für sich zu prüfen.

Meist haben sie auch keine Ahnung über die Vielzahl an Lehrberufen, die bei uns angeboten werden. In Vorarlberg haben wir über 200 Lehrberufe im Angebot - viele kennen aber nur die gängigsten von ihnen.

Die Abklärung, wo meine Stärken und Schwächen sind und welcher Beruf zu mir passen würde, kommt in der Schule – auch systembedingt – aus meiner Sicht leider zu kurz.

Du kennst das Projekt AFit schon aus Sicht der Coaches des Coachings, richtig?

Kathrin: Genau. Ich war sieben Jahre im Coaching bei AFit, bis ich vor einem Jahr in die Bereichsleitung wechselte. Vorher machte ich in Stams berufsbegleitend eine Ausbildung zur Sozialpädagogin und arbeitete nebenher mit psychisch erkrankten Erwachsenen und in der Kleinkindbetreuung.

Welche Momente sind Dir aus dieser Zeit am meisten in Erinnerung geblieben?

Kathrin: Ich merke immer wieder, dass AFit vor allem auch für jene Jugendlichen da ist, die sonst nirgends hineinpassen bzw. für die es ansonsten kein passendes Angebot gibt. Viele sind zum Beispiel psychisch stabil und auch kognitiv fit, haben aber sonst irgendwelche Herausforderungen. Das AusbildungsFit ist für sie daher eine tolle Möglichkeit, ihre Stärken kennenzulernen und ihre Interessen abzustecken. 

Ich habe beispielsweise einen Jugendlichen mit einer starken und irreparablen Sehbeeinträchtigung betreut, der zu einem Grad der Behinderung von 70 Prozent führte. Er wollte unbedingt Metalltechniker werden. Nun hat er sich immer wieder in diesem Bereich beworben, aber eine Absage nach der anderen kassiert, was zu einer hohen Frustration führte.

Ihn habe ich eineinhalb Jahre gecoacht, wobei meine Hauptaufgabe darin bestand, mit ihm gemeinsam herauszufinden, was für ihn möglich war und was nicht. Dieser Prozess braucht Zeit, auch für die Familie.

Er konnte bei uns diverse Tätigkeiten in Ruhe ausprobieren. Wir haben mit ihm Bewerbungen geschrieben, Absagen und alternative Möglichkeiten besprochen und waren für ihn da, wenn er uns gebraucht hat.

Viele Jugendliche und auch ihre Eltern brauchen eine gewisse Zeit, um einschätzen zu können, was möglich und sinnvoll ist. In welchem Bereich fühlt sich der Jugendliche mit seinen jeweiligen Stärken am besten aufgehoben? 

Wichtig ist aus meiner Sicht, dass Jugendliche in ihrem neuen Job Erfolgserlebnisse haben und nicht in Frustration versinken. Wenn ich also nach eineinhalb Jahren das Feedback bekomme, dass er oder sie den richtigen Weg gefunden hat und sich wohlfühlt, dann sind das die schönen Momente.

Oder wenn sie die Lehre abgeschlossen haben, die wir gemeinsam ausgesucht und möglich gemacht haben, wenn sie dann zu uns auf Besuch kommen, stolz davon erzählen und sich bedanken – das sind wunderschöne Momente.

Oder wenn Jugendliche mit einer kognitiven Beeinträchtigung mit dir lange Zeit nach dem passenden Platz für sie suchen und wir diesen nach unzähligen Gesprächen und Checks endlich in einem heimischen Betrieb finden. Es ist ein schönes Gefühl, wenn Firmen trotz Einschränkungen die Stärken und das Potenzial dieser jungen Menschen erkennen und ihre Schwächen dafür in Kauf nehmen. Wenn sie mit ihren Eltern und Tränen in den Augen dann vor dir stehen und sich für deine Arbeit und die Mühen bedanken, dann ist das auch ein sehr schönes Gefühl.

AusbildungsFit ist ein Projekt des Sozialministeriumservice (SMS) – wie läuft die Zusammenarbeit?

Kathrin: Die Zusammenarbeit funktioniert großartig. Sowohl Qualität als auch Auslastung des Projekts passen, was sich auch in der steigenden Anzahl von Anfragen widerspiegelt. Was mir besonders an der Arbeit mit dem SMS gefällt, ist die Tatsache, dass wir mit ihnen über alles reden können.

Info: Das Projekt „AusbildungsFit“ ist eine Initiative des Sozialministeriumservice und wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds finanziert.

Bild vlnr: Die Leitung von AusbildungsFit Vorarlberg Christine Fetz, Vladimir Kulikov und Kathrin Ofner - Download Foto