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Arbeitsanleiter in der WerkStadt Bregenz – eine „schöne Herausforderung“

In der WerkStadt Bregenz sorgen die zwei Arbeitsanleiter Tobias Kränz und Christoph Corn zusammen mit Projektleiter Ralf Sattleder und Sozialarbeiterin Isabella Mähr für die optimale Betreuung der Klient:innen und eine hochqualitative Umsetzung der technischen Vorgaben.

Tobias, wie bist du in diesem Projekt gelandet?

Tobias Kränz: Ich habe in Deutschland Zimmerer gelernt und dann eine umfassende Ausbildung als Arbeitsanleiter angehängt, die viele Stunden in Psychologie, Psychopathologie, Didaktik und vielen anderen Themen und Verfahren beinhaltete. Nachdem Markus Lang das Projekt vor vierzehn Jahren gründete, bin ich gleich eingestiegen. 

Unser Ziel ist es, den Klienten Basiskompetenzen im Umgang mit Werkzeugen und dem grundsätzlichen Handwerk näherzubringen, um ihnen ein möglichst realistisches Bild der Anforderungen in der Arbeitswelt aufzuzeigen: Vorbereitung, Material bestellen, Einsatz auf der Baustelle bei jedem Wetter, … Am Ende haben die Jugendlichen ihre Erfolgserlebnisse, wenn sie bei 30 Grad die Schaukel aufgestellt und betoniert haben. 

Meine Aufgabe ist es dabei auch, ihr Verhalten zu spiegeln und Arbeitsfeedback zu geben. Ich gebe gerne meine Lebenserfahrung weiter, was aber nicht immergleich angenommen wird. Wenn uns Jugendliche Jahre später besuchen und erzählen, dass sie eine Lehre absolviert und einen guten Job gefunden haben, dann sind das unsere Erfolgserlebnisse. Eine junge Frau hat sogar eine Lehre als Bildhauerin absolviert!

Viele von ihnen erzählen rückblickend, dass es gut war, dass wir sie teilweise streng herangenommen haben, um sie wieder auf Kurs zu bringen. Denn viele hatten mit psychischen Problemen zu kämpfen oder waren persönlich oder emotional desorientiert.

Was sind die großen Herausforderungen in deinem Job?

Tobias Kränz: Wir sind bei unseren Projekten sehr breit aufgestellt und bieten ein großes Portfolio an Leistungen an, darunter sind die Betreuung der Spielplätze und eine Vielzahl an verschiedenen Aufträgen für die Stadt Bregenz und für Privatleute. Es gibt bei uns also zahlreiche Projekte, bei denen Jugendliche etwas lernen können.

Wir reden hier von einer körperlichen und kognitiven Aktivierung der Jugendlichen, sowie von der Aneignung von Charaktereigenschaften wie Zuverlässigkeit und einer guten Arbeitsmoral. Bei uns lernen sie, dass sie ab und zu einfach „durchbeißen“ müssen und dass der Lohn nicht von allein auf das Konto kommt.  Wir müssen etwas tun für unser Geld. 

Aber gleichzeitig sind da auch die kleinen Erfolgserlebnisse, die ihnen Selbstwert und Bestätigung geben. Sie lernen eine Wertschätzung für die hergestellten Produkte, erfahren, was diese kosten und erkennen, warum die Qualität ihrer Arbeit für die Kunden so wichtig ist.

Wir Arbeitsanleiter sind dabei gleichzeitig auch Pädagogen, Psychologen, großer Bruder, Onkel und Großvater, zugleich sind wir aber auch für die Qualitätssicherung zuständig. Die Herausforderung dabei ist, jeden Jugendlichen dort abzuholen, wo er gerade steht, egal, welchen „emotionalen Rucksack“ er oder sie mit sich bringt. 

Auch kognitiv und sprachlich werden wir gefordert. Letzteres vor allem, weil wir viele Flüchtlinge haben, mit denen wir aufgrund ihrer fehlenden Sprachkenntnisse auf Englisch oder mit Händen und Füßen kommunizieren müssen. Der eine oder die andere hat aber auch Widerstände, mit denen wir möglichst feinfühlig umgehen müssen. 

Die größte Herausforderung ist aber sicher die Zeit. Da wir einen Umsatzdruck haben, müssen wir die jeweilige Betreuung an die Anforderungen anpassen. Wir haben mit 1:3 meistens einen sehr guten Betreuungsschlüssel, aber wir haben auch Klient:innen, die eine 1:1-Betreuung benötigen. Es ist also sehr herausfordernd, sie alle so zu koordinieren, dass die Betreuung passt und der Job zeitgerecht und hochqualitativ erledigt wird.

Im Vergleich zu anderen Arbeitsprojekten haben wir zwar den Vorteil, dass der niederschwellige Zugang es zulässt, dass unsere Klienten trotz regelmäßiger Fehlzeiten weiter bei uns beschäftigt sein können. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass wir wenig Handhabe oder „Druckmittel“ haben, Anwesenheiten einzufordern, was unsere Teamplanung sehr erschwert.

Kilian war auch bei euch. Es war sehr bewegend zu hören, wie dankbar er für eure Unterstützung war. 

Tobias: Ja, Kilian war ein paar Monate bei uns und ist auf einige persönlich Dinge draufgekommen. Er hat viel über sich gelernt und dann seinen neuen Weg eingeschlagen – definitiv eine Erfolgsstory!

Von rund 80% der Jugendlichen hören wir nach ihrer Arbeit bei uns jedoch nichts mehr. Sie gehen dann ihren eigenen Weg und wir wissen leider nicht, was aus ihnen geworden ist. Darum sind solche Rückmeldungen und Erfolgsgeschichten natürlich immer sehr schön für uns. Da geht mir persönlich das Herz auf.

Vielen Dank Tobias. Christoph, du warst vorher im Erwachsenenbereich bei der Integra tätig und hast Transitarbeitskräfte betreut. Warum liebst du deinen Job?

Christoph Corn: Das Schöne an meinem Job ist die Abwechslung: Es gibt immer neue Projekte, neue Menschen und neue Herausforderungen. Manchmal hörst du in diesem Job als eine Art „Seelsorger“ auch sehr berührende Geschichten.

2016 habe ich so eine mit einem jungen Flüchtling erlebt. Er kam eines Tages zu mir ins Büro und sagte, sein Armband wäre kaputt. Dieses war ursprünglich mit Kunstperlen versetzt und sehr schön, wurde jetzt aber nur noch von wenigen Knoten zusammengehalten. 

Als ich ihm vorschlug, das lädierte Ding wegzuwerfen, fing er an zu weinen. Er erzählte, dass seine Mutter ihm das Armband vor seiner Flucht mit den Worten geschenkt hat, dass sie immer bei ihm wäre, wenn er es anschaue.

Als ich den Sinn und die Wichtigkeit dahinter verstand, bastelten wir gemeinsam einen Bilderrahmen und platzierten das Armband hinter Glas. Ich schlug vor, es neben das Bett zu hängen. So würde er seine Mutter jeden Morgen beim Aufstehen und jeden Abend beim Schlafengehen sehen. Er war überglücklich. Solche Geschichten bleiben dir ewig in Erinnerung.

 

Bild vlnr: Tobias Kränz, Ralf Sattleder und Christoph Corn