Neuer Höchststand der Langzeitbeschäftigungslosigkeit in Österreich
In Österreich ist die Zahl der Menschen, die länger als ein Jahr ohne Beschäftigung sind, auf einen neuen Höchststand gestiegen: Im September 2025 waren insgesamt 93 790 Personen langzeitbeschäftigungslos – das sind 10 811 mehr als im Vorjahr, ein Anstieg von rund 13 %. (Quelle: arbeit plus)
Besonders stark betroffen sind die Bundesländer Oberösterreich, Salzburg, Vorarlberg und Steiermark mit Zuwächsen zwischen knapp 20 % und 30 %.
Wer ist besonders betroffen?
Die Analyse von arbeit plus zeigt, dass bestimmte Gruppen überdurchschnittlich oft von Langzeitbeschäftigungslosigkeit betroffen sind:
- Ältere Arbeitslose ab 50 Jahren: Sie werden vielfach als „zu alt“ eingestuft und haben erschwerte Wiedereinstiegschancen.
- Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen: Sie benötigen häufig spezielle Qualifikation oder Arbeitsmodelle.
- Geringqualifizierte: Ohne passende Weiterbildung fehlt zumeist der Zugang zu nachhaltiger Beschäftigung.
Alleinerziehende (oft Mütter) sowie Frauen mit Pflegeverpflichtungen: Fehlende oder teure Kinder- bzw. Pflegebetreuung erschweren die Erwerbstätigkeit.
„Der Großteil der betroffenen Menschen will arbeiten, scheitert aber an fehlenden Rahmenbedingungen wie Betreuung, flexiblen Arbeitszeiten oder maßgeschneiderten Qualifizierungen“, so die Geschäftsführerin von „arbeit plus“, Sabine Rehbichler.
Ursachen und Folgen
Die wachsende Zahl an Langzeitarbeitslosen gefährdet nicht nur die individuelle soziale Teilhabe, sondern auch die Stabilität der Wirtschaft und das gesellschaftliche Gefüge. „Diese Entwicklung gefährdet die soziale Stabilität und den Wirtschaftsstandort Österreich“, warnt Manuela Vollmann, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus.
Mehrere strukturelle Faktoren spielen eine Rolle:
- Fehlende oder inadäquate Qualifizierungsangebote
- Mangel an Betreuungsinfrastruktur (Kinder, Pflege)
- Arbeitsmodelle, die nicht ausreichend flexibel sind
- Regionale Unterschiede – vor allem in den genannten Bundesländern
Auf der anderen Seite entsteht durch Langzeitbeschäftigungslosigkeit ein hoher volkswirtschaftlicher Schaden, etwa durch erhöhte Sozialkosten und verlorenes Potenzial an Arbeitskraft und Know-how.
Lösungsansätze: Anders denken, gezielt handeln
Arbeit plus schlägt drei zentrale Maßnahmen vor, um gegen den Trend anzusteuern:
- Ressourcen gezielt einsetzen: AMS und soziale Unternehmen müssen über planbare und ausreichende Mittel verfügen, um nachhaltige Integrationsmaßnahmen anbieten zu können – insbesondere für jene Gruppen, die besonders betroffen sind.
- Zusammenarbeit ausbauen: Ein verbindliches Zusammenwirken von Bund, Ländern, Kommunen, AMS, Erwachsenenbildung und sozialen Unternehmen kann effizientere und maßgeschneiderte Lösungen schaffen.
- Arbeits- und Fachkräfte langfristig sichern: Soziale Unternehmen brauchen dauerhafte Stellen und attraktive Arbeitsbedingungen, um Know-how aufzubauen und Perspektiven zu bieten – und damit als verlässlicher Partner der Arbeitsmarktintegration zu fungieren.
Ein innovativer Ansatz liegt in der Verbindung von ökologischen und sozialen Zielen: Soziale Unternehmen schaffen im Bereich Kreislaufwirtschaft und „Green Jobs“ neue Chancen – etwa durch Upcycling, Reparatur oder Second-Hand-Handel. Diese Beschäftigungsmodelle bieten Menschen mit geringeren Chancen eine Perspektive.
Die aktuelle Entwicklung zeigt klar:
Die Herausforderung der Langzeitbeschäftigungslosigkeit in Österreich ist akut und strukturell. Wachstum bei den Zahlen bedeutet nicht nur individuelles Leid, sondern signalisiert auch Handlungserfordernisse auf gesellschaftlicher und politischer Ebene.
Es ist jetzt an allen Beteiligten – von der Politik über Arbeitsmarktorganisationen bis zu den Sozialen Unternehmen – gemeinsam zu handeln, um die Spirale der Langzeitarbeitslosigkeit zu durchbrechen. Investitionen in Qualifizierung, Betreuung, faire Arbeitsmodelle und nachhaltige Jobs sind dabei Investitionen in die Zukunft des Landes.
Zur aktuellen Situation in Vorarlberg meint arbeit plus Vorarlberg-Geschäftsführerin Ulli Schmid-Santer:
"Die Langzeitbeschäftigungslosigkeit ist in Vorarlberg innerhalb eines Jahres um 23% gestiegen. Gleichzeitig sinken die Ressourcen des AMS. Gemeinsam mit der AK Vorarlberg haben wir das Thema diskutiert, Perspektiven eingeholt und die Expertise von Clara Moder und Simon Theurl zur Jobgarantie abgeholt. Eine regionale Jobgarantie nach dem Vorbild der Lehrstellengarantie bietet einen Lösungsansatz."