Die Personalbetreuung als Lobby der Mitarbeiter:innen
Mitarbeiter:innen auf Zeit der INTEGRA Vorarlberg werden von verschiedenen Abteilungen betreut, um die besten Ergebnisse bei der Vorbereitung auf einen neuen Arbeitsplatz zu gewährleisten.
Nachdem sie mit der Personalkoordination die beste Abteilung für ihre Interessen und Talente gefunden haben, werden sie von der Personalbetreuung weiterbegleitet, um in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt zu werden. Was das genau beinhaltet, erzählt uns das Team, bestehend aus Michaela Mathis, Beate Kerber, Wolfgang Bargehr und Bozena Brac, in einem Interview.
Was genau sind die Aufgaben der Personalbetreuung und wie läuft die Zeit für die Mitarbeiter:innen bei Integra ab?
Michaela: Wir begleiten Menschen, die in unseren Projekten als Arbeitskräfte auf Zeit tätig sind, bei verschiedenen sozialen und gesundheitlichen Themen. Unser gemeinsames Ziel ist dabei die Vermittlung an den ersten Arbeitsmarkt. Wenn dies nicht mehr möglich ist, geht es auch um Stärkung in gesundheitlichen und sozialen Themen oder die Überbrückung bis zum Pensionsantritt. Wir helfen auch dabei, einen Pensionsantrag zu stellen oder Pensionsstichtage zu eruieren. Und wir haben die Möglichkeit, ihnen Qualifizierungen zu vermitteln, wie z. B. die Absolvierung eines Deutschkurses, Staplerkurses oder einer anderen Weiterbildung.
Am ersten Arbeitstag machen wir das Onboarding vor Ort, führen das Erstgespräch und erledigen alle notwendigen Formalitäten. Die ersten sechs Wochen erfolgt ein Arbeitstraining. Hier bekommen sie den Arbeitslosenbezug oder ein Kursgeld nach Antragstellung eines Begehrens.
Wenn das Arbeitstraining gut geklappt hat und alle Seiten es für gut befinden, folgt ein Dienstvertrag. Dann sind die Personen bei uns angestellt und bekommen ein Gehalt. Diese Phase ist zeitlich auf zwei Monate begrenzt.
Danach führen wir mit ihnen ein Gespräch. Wenn wiederum alle einverstanden sind, können wir das Arbeitsverhältnis zweimal um jeweils fünf Monate verlängern. Sie können jedoch maximal ein Jahr bei uns bleiben.
Im Idealfall entsteht daraus ein Job am ersten Arbeitsmarkt. Wenn nicht, dann müssen sie nach Beendigung des Dienstverhältnisses zurück zum AMS, bis sie nach acht bis zwölf Monaten vielleicht wieder zu uns kommen können.
Ihr seid zu viert im Team?
Michaela: Richtig. Wolfgang und ich betreuen die Produktion in Dornbirn, Beate betreut die Dienstleistungen in Bregenz und das Handwerk, also Holz und Metall in Wolfurt. Bozena betreut den Handel, also das Siebensachen in Bregenz.
Was sind die Herausforderungen eures Jobs?
Wolfgang: Die Herausforderungen sind so vielfältig wie die Menschen, die zu uns kommen - sie alle haben unterschiedliche „Rucksäcke“ dabei. In der Produktion haben wir hauptsächlich Leute, die körperlich oder psychisch beeinträchtigt sind. Dort können sie je nach Befinden bei der Arbeit sitzen oder stehen.
Manche haben auch diverse Traumata – wir unterstützen sie auf jeglicher Ebene. Wir bieten eine psychosoziale Betreuung, damit sie ein gutes Fundament oder einen guten weiteren Schritt für ihren Lebensweg bekommen. Das beinhaltet in erster Linie ihre Finanzen, die Wohnsituation und die Gesundheit. Wenn das stabilisiert ist, können wir an die Vermittlung denken.
Bei uns erlangen sie eine Tagesstruktur und ein soziales Umfeld, wofür viele schon mehr als dankbar sind, weil sie nicht mehr vermittelbar sind. Sie brauchen den zweiten Arbeitsmarkt, weil sie im ersten Arbeitsmarkt einfach keine Chance haben.
Warum hat der zweite Arbeitsmarkt nicht mehr Bedeutung in der Gesellschaft?
Wolfgang: Wie immer sorgen die Finanzen für ein Spannungsfeld, sowohl bei unserer Arbeit als auch in der Gesellschaft. Naturgemäß gibt es nämlich zwei gegensätzliche Zielsetzungen: Arbeitsanleiter:innen und die Wirtschaft haben finanzielle Vorgaben wie Umsatz und Gewinn. Wir von der Personalbetreuung haben vor allem das Wohlbefinden und die positive Entwicklung unserer Mitarbeiter:innen im Fokus. Dieser Spagat ist nicht immer einfach und erfordert eine umfangreiche Kommunikation.
Wir sehen uns in diesen Fällen auch als Lobby für die Interessen unserer Mitarbeiter:innen. Sie sind ja nicht durch ein Bewerbungsverfahren zu uns gekommen, sondern weil sie vom AMS zugebucht wurden. Darum brauchen sie jemanden, der sie begleitet - und das ist unsere Aufgabe.
Michaela: Und die nehmen wir sehr ernst. Für mich gibt es fünf Basics, die unsere Arbeit erfolgreich machen. Ich nenne sie die fünf „B“s:
Die Begegnung ist das erste „B“. You never get a second chance for the first impression. Die erste Begegnung ist darum sehr wichtig, um einen guten, respektvollen Kontakt aufzubauen.
Dann die professionelle Begleitung, während sie bei uns sind. In dieser Zeit erfolgt parallel dazu die Befähigung. Auch das ist Aufgabe von uns und der Arbeitsanleitung, sie in den Tätigkeiten anzuleiten und mit Hilfe unseres Qualifizierungsbudgets zu befähigen, ihre Arbeit zu leisten.
Aber auch das Bedanken im Sinne von Anerkennung und Wertschätzung gehört dazu. Zum Schluss folgt das professionelle Beenden des Arbeitsverhältnisses – eine gute Verabschiedung, um die Zeit im Arbeitsprojekt abzurunden.
Mit diesen fünf Punkten können wir eine erfolgreiche Betreuung gewährleisten.
Gibt es eine Vermittlungsquote, die ihr erfüllen müsst?
Wolfgang: Wir haben eine Vorgabe von 30 Prozent vom AMS. Der Erfolg unserer Arbeit wird jedoch nicht nur durch die Vermittlungsquote definiert, sondern auch dadurch, dass sich die Menschen stabilisieren, sich persönlich weiterentwickeln und eine Perspektive gewinnen. Diese Dinge können jedoch nicht so leicht durch einen Quotienten gemessen werden.
Kommen viele wieder zurück?
Wolfgang: Ja, es gibt einen Teil, den wir als „Stammpersonal mit Unterbrechung“ bezeichnen könnten. Diese kommen immer wieder und sagen dem AMS bereits, dass sie wieder zu INTEGRA wollen. Hier wissen sie, was sie erwartet, weil sie die Arbeit und die Arbeitsanleiter:innen kennen und Wertschätzung für ihre Arbeit erhalten. Bei uns können sie wieder produktiv und selbstwirksam sein.
Viele arbeitswillige Menschen bleiben dabei jedoch auf der Strecke, weil es zu wenig Arbeitsplätze am zweiten Arbeitsmarkt gibt. Vor ein paar Jahren hat es noch viel mehr Arbeitsplätze gegeben. Diese wurden aufgrund der gestiegenen Inflation jedoch stark reduziert - der Bedarf wäre viel höher, weil immer mehr Menschen am regulären Arbeitsmarkt nicht mehr Fuß fassen können.
Wie beendet ihr das Projekt?
Am Projektende bekommt das AMS einen Abschlussbericht mit einer Empfehlung von uns. Diese beinhaltet unter anderem unsere Einschätzung über die beste Art der weiteren Betreuung: Eine weitere Beschäftigung am zweiten Arbeitsmarkt, ein Pensionsantritt oder eine andere Maßnahme wie etwa ein Bewerbungscoaching…
Im Idealfall erfolgt jedoch eine Vermittlung am ersten Arbeitsmarkt oder eine neue Perspektive. Dann sind sie glücklich – und wir sind auch glücklich.
Bild vlnr: Bozena Brac, Wolfgang Bargehr, Beate Kerber und Michaela Mathis - Download Foto