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Die INTEGRA-Personalkoordination als Wegbereiter aus der Arbeitslosigkeit

Die Personalkoordination von INTEGRA hilft langzeitarbeitslosen Menschen dabei, wieder im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Wir haben mit dem dynamischen Duo, bestehend aus Leiterin Christina Pallestrang und Mitarbeiterin Silke Frick, über ihre Tätigkeit gesprochen.

Was ist Eure Aufgabe in der Personalkoordination?

Silke: Wir betreuen langzeitarbeitslose Menschen, die vom AMS nach einem Jahr ohne erfolgreiche Jobvermittlung zu uns vermittelt werden. Nach einem Vorstellungsgespräch werden sie je nach Eignung und Interesse in einem von vier INTEGRA-Arbeitsbereichen zugeteilt. Die Personalkoordination fungiert dabei als interne Drehscheibe. Ziel ist eine Vorbereitung auf die Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt.

Was bedeutet „Erster“ und „Zweiter“ Arbeitsmarkt?

Christina: Der erste Arbeitsmarkt besteht aus den regulären Jobs, die von den jeweiligen Unternehmen und Institutionen angeboten werden. Im Jahr 2023 waren jedoch rund 75.000 Menschen in Österreich und knapp 2.000 Menschen in Vorarlberg von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Das bedeutet, dass sie über ein Jahr lang beim AMS gemeldet waren und keine Arbeit gefunden haben.

Für sie wurde ein sogenannter „Zweiter Arbeitsmarkt“ geschaffen, in dem Soziale Unternehmen (im Land sind das INTEGRA Vorarlberg, Aqua Mühle, Kaplan Bonetti, Carla und die Dornbirner Jugendwerkstätten), mithilfe von Arbeitsprojekten dafür sorgen, dass diese Menschen beschäftigt und auf eine Wiedereingliederung in einem regulären Job vorbereitet werden.

Was sind die Herausforderungen Eurer Tätigkeit?

Silke: Unsere Klient:innen haben oft mit psychischen oder körperlichen Beeinträchtigungen zu kämpfen. Aufgrund ihrer längeren Arbeitslosigkeit fehlt es ihnen an Tagesstruktur und einer positiven Einstellung. Viele von ihnen haben mit Depressionen zu kämpfen.

Wir beide sind die ersten Menschen, die sie bei INTEGRA kennenlernen. Oft kommen sie nervös und ängstlich zu uns, weil sie nicht wissen, was sie erwartet. Auch Scham spielt bei längerer Arbeitslosigkeit eine große Rolle.

Wir können das Schlimmste davon abfangen, indem wir ihnen mit einer offenen Haltung und einem Lächeln begegnen. Sie erfahren bei uns, dass sie Willkommen sind – das soll ihre Ängste mindern. Wir versuchen, ihnen vom ersten Moment an Hoffnung zu schenken.

Die Öffentlichkeit sieht diese Menschen manchmal als Arbeitsverweigerer oder Sozialschmarotzer an. Was sind Eure Erfahrungen? Stimmt das?

Christina: Aus meiner Erfahrung sind rund 90% genau das Gegenteil davon. Sie sind aufgrund verschiedenster Geschehnisse in einer Notlage, die ihnen sehr zu schaffen macht.

Als ich noch beim AMS arbeitete, habe ich Leute gesehen, die aus Scham große Angst davor hatten, beim AMS durch den Vordereingang hereinzukommen, um sich arbeitslos zu melden.

Sollten sie dann zudem im schlimmsten Fall als lästige Bittsteller:in behandelt werden, kann das massive negative Emotionen auslösen. Aber es ist nicht nur die Scham. Denn was bedeutet es, in unserer Gesellschaft arbeitslos zu sein? 

Plötzlich bekommst du nur noch 55 Prozent von dem, was du davor verdient hast. Damit sind Existenzängste ebenso verbunden wie Scham und das Gefühl, nicht mehr Teil dieser Gesellschaft zu sein. Viele soziale Tätigkeiten sind plötzlich nicht mehr möglich. 

Wenn diese Menschen nach einem Jahr der AMS-Betreuung nicht vermittelt werden konnten und hören, dass sie sich nun in einem Arbeitsprojekt vorstellen müssen, löst dies Angst bei ihnen aus. Sie wissen nicht, was auf sie zukommt.

Wir erklären ihnen, dass sie ihre Arbeit bei uns als Sprungbrett auf den ersten Arbeitsmarkt verstehen sollen, wo sie mit unserer Hilfe hoffentlich bald wieder Fuß fassen werden.

Wie viele dieser Menschen werden zum ersten Arbeitsmarkt vermittelt?

Christina: Dieses Jahr sind es von bisher 181 Personen rund 20 Prozent, was bei den Herausforderungen unserer Klient:innen und der derzeitigen Arbeitsmarksituation sehr viel ist.

Und die anderen 80 Prozent? 

Christina: Rund ein Drittel von ihnen sind Personen, die seit vielen Jahren nur in Arbeitsprojekten unterkommen. Sie sind also „Stammpersonal“ am zweiten Arbeitsmarkt, weil sie aufgrund von körperlichen und/oder psychischen Problemen am ersten Arbeitsmarkt keine Chance mehr haben. 

Sie sind gesundheitlich so beeinträchtigt, dass sie nicht mehr arbeiten können. Gleichzeitig reicht es aber nicht für eine Invaliditätspension. Dadurch hängen sie in der Luft. Die einzige Existenzsicherung, die sie bekommen, gibt es in dieser Zeit vom AMS.

Das AMS hat aber die Vorgabe, dass du arbeitsfähig sein musst, um Arbeitslosengeld zu beziehen. Nachdem sie nur am zweiten Arbeitsmarkt einen Job finden, ihre Tätigkeit dort aber zeitlich begrenzt ist, sind sie nun gezwungen, bis zur Pension zwischen Arbeitslosengeld und zweitem Arbeitsmarkt hin und her zu wechseln. 

Silke: Ohne die Sozialen Unternehmen wären diese Menschen irgendwann in der Notstandshilfe gefangen, obwohl sie ja gerne arbeiten würden. Wir haben daher das sozialpädagogische Konzept, das geschulte Betreuungspersonal und die geeigneten Tätigkeiten im Rahmen einer existenzsichernden Beschäftigung für sie. 

Ich bin froh, dass es uns gibt. Genau das ist die Berechtigung des zweiten Arbeitsmarktes - wo sollten sie denn sonst hin?

Ihr helft ihnen also vor allem jobtechnisch?

 Christina: Ja, aber nicht nur. Vielen fehlt ein Computerzugang oder das Wissen, Anträge wie zum Beispiel einen Heizkostenzuschuss auszufüllen. Diese knapp 350 Euro können für finanziell schwache Familien aber einen großen Unterschied machen. Darum helfen wir ihnen dabei.

Wir hatten auch eine Person hier, die meinte, ihr Deutsch wäre problematisch. Sie wollte dringend eine Beschäftigung, um wieder zu arbeiten und gleichzeitig im Umgang mit anderen Leuten ihr Deutsch zu festigen. Ich habe ihr erklärt, dass wir ein Qualifizierungsbudget haben: Während sie bei uns ist, kann sie einen Deutschkurs besuchen. Da war sie hellauf begeistert! Sie ist mit Ängsten beladen zu uns gekommen und weitgehend unbelastet wieder gegangen. 

Die Leute haben oft ein falsches Bild von der Arbeit bei INTEGRA: Wir sind kein „schlecht bezahltes Arbeitslager!“ Im Gegenteil: Wir wollen, dass unsere Klient:innen schnell und erfolgreich weiterkommen! Wir sehen uns als Unterstützung, um sie schnellstmöglich wieder auf eigene Beine zu bringen.

Kommunikation ist in eurem Bereich also sehr wichtig?

Christina und Silke: Ja, uns ist ein wertschätzender, offener Umgang wichtig und wir pflegen Beziehungen: Zu unseren Klient:innen ebenso, wie zu unseren Arbeitskolleg:innen.

Unser Bereich ist auch intern eine Drehscheibe, denn wir sind darauf angewiesen, die Bedürfnisse unserer Arbeitsanleiter:innen zu kennen, um ihnen die richtigen Leute zuweisen zu können. Dieses Miteinander ist uns sehr wichtig. Denn es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.

Das ist ein sehr schöner Schlusssatz. Vielen Dank für das Gespräch!

Bild vlnr: Teamleiterin Christina Pallestrang mit Silke Frick - Download Foto